Mitglieder der Strikten Observanz des 18. Jahrhunderts schworen ihrem Namen nach einen absoluten Gehorsam gegenüber den ‚Oberen der vereinigten Logen‘, die später durch Legendenbildung zu den sogenannten ‚Geheimen Oberen‘ oder ‚Unbekannten Oberen‘ verballhornt wurden. Die Gold- und Rosenkreuzer (gegr. 1757) behaupteten im Zusammenhang mit dem Wilhelmsbader Konvent (1782) sogar, die Geheimen Oberen zu sein und später übernimmt der „Golden Dawn“ (gegr. 1888) ebenfalls das Konzept, aber in spiritualisierter Form. Jedoch war die Gruppe der ‚Geheimen Oberen‘ oder ‚Unbekannten Oberen‘ viel reeller, wie man sehen wird, bevor sie bis zur Unkenntlichkeit mystifiziert wurden.
Die ‚Geheimen Oberen‘ oder ‚Unbekannten Oberen‘ waren ursprünglich eine Gruppe von katholischen Jakobiten, die darauf abzielten, Charles Edward Stuart dabei zu unterstützen, den britischen Thron zu besteigen, den sein Großvater Jakob II. 1688 in der Glorious Revolution aufgeben musste. In einem Brief vom 30. September 1745 des Herzogs von Perth an Lord Ogilvy ist der Beweis zu finden, dass Charles Edward Stuart Freimaurer war und sich auch bewusst war, was für ein freimaurerischer Kult um ihn und seine Familie in ganz Europa entstanden war. Denn in diesem Brief wird bestätigt, dass 1743 Charles Edward Stuart in Abwesenheit zum Generalgroßmeister der Templer-Freimaurerei und am 24. September 1745 im Holyrood Palace in Edinburgh tatsächlich mit allen Ehren eingesetzt wurde.
Die Wahl in Abwesenheit war nicht ungewöhnlich hatte aber einen Grund. James Murray, 2. Duke of Atholl, der seit 1732 die Geschicke des Generalgroßmeisteramtes in Händen hielt, ließ sein Amt bereits vor 1739 wieder ruhen, welches daraufhin kommissarisch von seinem Stellvertreter Alding, der allseits unter seinem Rittenamen Eques a Penna rubra bekannt war, übernommen wurde. Denn ab 1737 (bis 1741) begann der Herzog von Atholl als englischer Graf und auch als schottischer Adliger im Parlament immer mehr gegen die Interessen Schottlands zu handeln, was schließlich 1743 zum Verlust seines Generalgroßmeisteramtes führte. Sein Verrat trat schließlich 1745 bei dem Jakobitenaufstand zutage, der der Schlacht von Culloden vorausging, als er sich auf die Seite der Engländer schlug. 1743 wurde deshalb notgedrungen der 22-jährige Charles Edward Stuart in Abwesenheit zum nächsten Generalgroßmeister gewählt. Alding behielt bis zur rituellen Einsetzung von Charles Edward Stuart am 24. September 1745 die kommissarische Führung und reiste in Ordensangelegenheiten über Frankreich nach Italien.
Das Großkapitel von Aberdeen hatte dem kommissarischen Generalgroßmeister Alding die Investitur erteilt. Dieser hatte während seines Aufenthaltes in Frankreich den Grafen de la Tour du Pin zum Provinzial-Großmeister der Auvergne ernannt, die Ordensprovinz Niederdeutschland wiederhergestellt, was sein Vorgänger bereits vorbereitet hatte, und die Provinzial-Großmeisterwürde Italiens Lord Charles Sackville (1710/1711-1769) übertragen und schließlich Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau zum Nachfolger des Provinzial-Großmeisters der VII. Ordensprovinz, was große Teile Niederdeutschlands einschloss, ernannt. Die Gruppe der ‚Geheimen Oberen‘ bestand zu der Zeit aus William Boyd, 4th Earl of Kilmarnock, aus Arthur Elphinstone, 6th Lord Balmerino und weitere Edelmänner darunter auch Alding, der indem er Charles Edward Stuart vertrat damit die Befugnisse hatte, Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau in den Tempelritterorden aufzunehmen und ihm die Investitur über die VII. Ordensprovinz zu erteilen. Das waren also die eigentlichen ‚Oberen der vereinigten Logen‘ zur Zeit von Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau, die später zu den ‚Geheimen Oberen‘ oder ‚Unbekannten Oberen‘ werden sollten.
Mit dem Friedensvertrag zwischen Frankreich und England vom 10. Februar 1763 musste Charles Edward Stuart Paris verlassen und siedelte erst nach Rom und 1774 nach Florenz über. Aus politischen Gründen distanzierte sich Charles Edward Stuart ab 1776 von der Templer-Freimaurerei und der Freimaurerei im Allgemeinen. Das führte einerseits zu einer Instabilisierung der templerischen Freimaurersysteme seiner Zeit. Es zeichnete sich auch kein männlicher Nachkomme in der katholischen Thronfolge Britanniens ab, was eines der Jakobiten höchstes Ansinnen war.
Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau hatte 1751 die Nachfolge von Marschall von Bieberstein als Großmeister der VII. Ordensprovinz angetreten. Sein Vorgänger war kurz danach vermutlich verstorben. Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) gerieten nun alle Machtverhältnisse in Europa ins Wanken. Ab 1763/1764 war die Jakobiten-Gruppe um Charles Edward Stuart zumindest in Frankreich nicht mehr erreichbar, daher fasste Carl Gotthelf den Entschluss, die Ausgestaltung der VII. Ordensprovinz selbstverantwortlich und ohne weitere Abstimmung zu unternehmen. Denn nach der Schlacht von Culloden im Jahr 1746, bei dem der letzte Versuch durch die Jakobiten unternommen wurde, den britischen Thron in katholische Hände zurückzuführen, wurden die ‚Geheimen Oberen‘ oder ‚Unbekannten Oberen‘ – mit Ausnahme von Charles Edward Stuart, der in Frauenkleider wieder nach Frankreich fliehen konnte – entweder verhaftet, getötet oder hingerichtet. Dies trug weiter zur Entstehung eines Mythos um die ‚Geheimen Oberen‘ bei.
Die angenommene Verbindung zum Königshaus Stuart beherrschte die Strikte Observanz weiterhin. Am 12. September 1777 traf Karl Eberhard von Wächter (1758-1829) auf den im italienischen Exil lebenden Charles Edward Stuart. Das von beiden unterzeichnete Protokoll ging an Herzog Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel, dem amtierenden Heermeister der Strikten Observanz. Carl von Södermanland, der spätere König Karl XIII. von Schweden, wandte sich 1780 als gewählter Heermeister der Strikten Observanz schriftlich an Charles Edward Stuart und bat ihn um die Bestätigung seiner Wahl als Nachfolger. Charles Edward Stuart antwortete aber, dass er seine Wahl nicht bestätigen könne, angeblich nach dem persönlichen Austausch mit von Wächter. Seine Weigerung als letzter ‚Geheimer Oberer‘ aufzutreten, wird aber eher mit der verlorenen Hoffnung auf eine Rückeroberung des britischen Throns verbunden und auf seine finanzielle Abhängigkeit vom Papst zurückgeführt, der 1738 die Logenmitgliedschaft für Katholiken verboten hatte.
Charles Edward Stuart, der weiterhin als das weltweites Oberhaupt der Templer-Freimaurerei galt, trotz seiner Distanzierung aus politischen Gründen verstärkte dadurch nur noch mehr den Mythos um die ‚Geheimen Oberen‘. Denn Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau ließ es zu, dass man weiterhin an den Jakobiten-Mythos glaubte. Er sollte später diesbezüglich selbst in Bedrängnis geraten. Der Kontaktabbruch zu den ‚Geheimen Oberen‘ und die Distanzierung des Thronanwärters (Prätendent) von der Templer-Freimaurerei ließ es zu, dass sich Scharlatane als ‚Geheime Obere‘ ausgeben konnten. Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau und seine Mitstreiter wehrten die Angriff zwar erfolgreich ab, was aber dennoch einen Beigeschmack zurückließ.
Heutzutage werden systemintern die ‚Geheimen Oberen‘ wie ursprünglich als die ‚Oberen der vereinigten Logen‘ bezeichnet und gemäß den Allgemeinen Statuten von 1996, § 6 bilden sie das Führungsgremium einer Ordensprovinz. Geborene Mitglieder sind u.a. der Provinzial-Großmeister, der Großkopte, der Großmeister der Tempelritter und Berufenen Ritter sowie der Großmeister der Schottischen Meister. Sie existieren in jeder Ordensprovinz, führen sie und unterstützen den Provinzial-Großmeister bei seinem Wirken. Die Bezeichnung der ‚Oberen der vereinigten Logen‘ ist seit 1751 fester Bestandteil der Rituale der Strikten Observanz und damit ursprünglichstes Gut des Systems.
Es muss daher betont werden, dass sich alle in Zweifel gezogenen Aussagen von Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau mit der Zeit bewahrheitet haben, was seine und seines Systems vollständige Rehabilitierung nach sich zieht.