Großes Provinzialkapitel von Oberdeutschland | VIII. Ordensprovinz der Templer
Erste Ordensregel (1129)
Die vorliegende Regel wurde auf dem Konzil von Troyes am 13. Januar 1129 angenommen und genehmigt, an dem Hugo de Paganis, Andreas de Montbard und Bernard de Clairvaux, der maßgeblich mitgewirkt hat, teilgenommen haben.
Wie die Brüder am Gottesdienst teilnehmen sollen. Ihr, die ihr euerem eigenen Willen entsagt, und die anderen, die mit euch für das Heil ihrer Seelen mit Pferden und Waffen dem höchsten König auf Zeit dienen, seit immer bestrebt, mit frommen und reinem Gemüt, die Matutin und den ganzen vollständigen Gottesdienst nach der kanonischen Vorschrift und der Gewohnheit der Stiftsherren der heiligen Stadt zuzuhören. Deshalb ehrwürdige Brüder ist es eure größte Pflicht, weil ihr versprochen habt, das Licht des jetzigen Lebens und die Qualen eures Körpers gering zu schätzen und aus Liebe zu Gott die wilde Welt für immer zu verachten. Durch die göttliche Speise gestärkt und gesättigt und in den Geboten des Herrn unterwiesen und gefestigt soll sich nach Vollzug der göttlichen Mysterien keiner fürchten, in die Schlacht zu ziehen, vielmehr bereit sein für die Krone.
Wie viele ‚Vater unser‘ die Brüder beten sollen, wenn sie am Gottesdienst nicht teilnehmen können. Übrigens, wenn ein Bruder in Geschäften der Christenheit im Morgenland unterwegs ist, was ohne Zweifel öfters vorkommt, und deshalb den Gottesdienst nicht mitfeiern kann, soll er für die Matutin dreizehn Gebete des Herrn („Vater unser“) beten und für die einzelnen Horen sieben, jedoch für die Vesper neun, was wir gutheißen und einmütig mit deutlicher Stimme bekräftigen. Diejenigen aber, die zu heilbringendem Auftrag ausgesandt, nicht zur entsprechenden Stunde zum Gottesdienst kommen können, sollen, wenn es möglich ist, von der verpflichtenden Anordnung die festgesetzten Horen nicht übergehen.
Was nach dem Tod eines Ordensbruders zu tun ist. Wenn einer vom den Ordensbrüdern den Tod, der niemanden schont, anheimfällt, dem sich zu entziehen unmöglich ist, befehlen wir den Kaplänen und Klerikern, die bei euch auf Zeit dem höchsten Priester aus Liebe dienen, Christus das schuldige Offizium und die Messe feierlich für die Seele (des Verstorbenen) reinen Herzens darzubringen. Die Brüder andererseits, die da (wo sich der Leichnam befindet) anwesend sind und in Gebeten für das Heil des verstorbenen Bruders die Nacht gläubig ausharren, sollen 100 „Vater unser“ bis zum siebten Tag für den verstorbenen Bruder verrichten; desgleichen soll von jenem Tag an, wo ihnen das Ableben des Bruders bekannt wird, bis zum vorgenannten Tag in brüderlicher Ehrerbietung die Hundertzahl (der „Vater unser“) zur unversehrten Vollendung (des Toten) gehalten werden. Dazu allerdings bitten wir aus göttlicher und barmherziger Liebe und befehlen aus pastoraler Vollmacht, dass täglich soviel an Speise und Trank, als sie einem lebenden Bruder, soviel zu dessen Lebensunterhalt nötig ist, gegeben wurde oder geschuldet wird, einem Armen bis zum vierzigsten Tag gewährt werde. Alle anderen Opfergaben, die beim Tode von Brüdern und am Osterfest und an anderen Festen des Herrn die freiwillige Armut der armen Tempelritter ohne Unterschied darzubringen pflegte, verbieten wir gänzlich.
Kapläne und Kleriker erhalten nichts außer Unterhalt und Kleidung. Mit wachsamer Sorge ordnen wir in Einheit mit dem allgemeinen Kapitel an, andere Opfergaben und Almosen aller Art, welche auf irgendwelche Weise den Kaplänen und anderen, die auf Zeit bei euch weilen, geschenkt werden, zurückzugeben. Die Diener der Kirche sollen nach göttlichem Willen nur Nahrung und Kleidung haben und sonst nichts zu besitzen begehren, da sie denn, der Meister würde ihnen freiwillig aus Freundlichkeit geben.
Was nach dem Tod eines auf Zeit Dienenden getan werden soll. Es gibt Ritter im Haus Gottes und des Tempels Salomon, die aus Barmherzigkeit auf Zeit mit euch leben, daher bitten wir euch aus unaussprechlichem Erbarmen, fordern und befehlen zuletzt ausdrücklich: wenn während der Zeit die göttliche Macht einen zum letzten Tag geführt hat, soll aus göttlicher Liebe und brüderlichem Mitleid für die Seele des Verstorbenen ein Armer sieben Tage den Unterhalt erhalten und ein Jeder soll dreißig „Vater unser“ beten.
Ordensbrüder sollen keine Gelübde machen. Wir bestimmen, wie oben gesagt, dass kein Ordensbruder irgendein Gelübde abzulegen sich anmaße, vielmehr Tag und Nacht mit reinem Herzen in seinem Versprechen verharre, damit er sich in diesem vergleichen kann: „Ich will den Kelch des Heils erheben“ (Ps 116, 13), das heißt, in meinem Tod das Sterben des Herrn nachahmen, und wie Christus sein Leben für die Brüder hinzugeben. Das ist ein geziemendes Gelübde, das ist ein lebendiges und gottgefälliges Opfer.
Wann man beim Gottesdienst stehen oder sitzen soll. Es ist uns aber durch überaus glaubwürdige Zeugen zu Ohren gekommen, dass ihr offenbar regellos und ohne Maß das göttliche Officium im Stehen anhört. Dass dies so gehalten wird, haben wir nicht angeordnet, wir missbilligen es in höchstem Masse. Wir befehlen, dass nach beendigtem Psalm „Venite exultemus domine“ mit dem Inivitatorium und dem Hymnus sich alle, die Starken wie die Schwachen, setzen, um ein Ärgernis zu vermeiden. Wir legen euch dar, dass ihr, wenn ihr schon sitzt, am Schluss eines jeden Psalms beim Vortrag des „Gloria patri“ von euren Sitzen erhebt und euch zum Altar zur Verehrung der heiligen, hier genannten Dreifaltigkeit wendet, während die Schwachen sich verneigen. So schreiben wir auch das Stehen beim Vortrag des Evangeliums und beim „Te Deum laudamus“ und für die gesamte Laudes bis zum „Benedicamus Domino“ am Schluss vor und befehlen, die selbe Regel in der Matutin der heiligen Maria zu halten.
Vom gemeinsamen Mahl. Wir gestatten, dass ihr in einem gewissen Palast, besser gesagt im Refektorium, die Mahlzeiten gemeinsam einnehmt, jedoch dass ihr um das was euch nötig sein mag, wegen der Unkenntnis der Zeichen gelassen und unauffällig bitten sollt. So ist zu jeder Zeit das, was euch erforderlich ist, mit aller Demut und ehrfürchtigen Unterwerfung zu erbitten, vor allem bei Tisch wie der Apostel sagt: „Iss dein Brot unter Schweigen“ (2. Tess 3,12). Und der Psalmist soll euch ermuntern: „Ich habe eine Wache meinem Mund gesetzt“ (Ps 39,2), das heißt, ich habe bei mit erwogen, „dass ich mit der Zunge nicht fehle“, das heißt, meinen Mund bewahre, um nicht übel zu reden.
Beim Mittags- und Abendessen soll eine heilige Lesung vorgetragen werden. Bei der Hauptmahlzeit und beim Abendessen soll immer eine heilige Lesung vorgetragen werden. Wenn wir nämlich den Herrn lieben, müssen wir nach seinen heilbringenden Worten und Vorschriften mit dem aufmerksamsten Ohr verlangen. Der Vorleser der Lesungen soll euch anweisen, stillschweigen zu halten.
Vom Fleischgenuss. In der Woche wahrlich, wenn nicht der Geburtstag des Herrn oder Ostern oder das Fest der Heiligen Maria oder Allerheiligen trifft, mag euch dreimaliger Fleischgenuss genügen, weil der gewöhnliche Fleischgenuss oder verzehr als eine unanstößige Verderbnis des Körpers angesehen wird. Wenn jedoch ein solches Fasten auf den Dienstag fällt und das Fleischessen unterlassen wird, dann soll euch am folgenden Tag reichlich verabreicht werden. Es scheint uns unzweifelhaft gut und angemessen, am Sonntag jedoch zu Ehren der heiligen Auferstehung allen Rittern und Ordensbrüdern, desgleichen den Kaplänen zwei Fleischportionen zu geben. Die anderen jedoch, nämlich die Knappen und das Gesinde, sollen mit einer unter Danksagung zufrieden sein.
Über die Ordnung bei den Mahlzeiten. Bei Ermangelung der Näpfe sollen sie allgemein zu zweit essen und der eine soll eifrig für den anderen sorgen, damit weder rohe Lebensart noch heimliche Enthaltsamkeit beim gemeinsamen Mahl sich einschleiche. Wir halten es jedoch für billig, dass ein jeder Ritter und Bruder ein gleich Großes Maß Wein für sich allein habe.
An den restlichen Tagen sollen 2 oder 3 Gemüsegerichte genügen. Wir sind der Ansicht, dass an den anderen Tagen nämlich, und zwar am Montag und Mittwoch wie auch am Samstag zwei oder drei Gerichte von Hülsenfrüchten oder anderen Speisen, oder sogenannte gekochte Zuspeise, allen genügt; und wir bestimmen es so zu halten, damit derjenige, der von einem Gericht nichts essen kann, sich von dem anderen ernähre.
Was am Freitag gegessen werden soll. Wir heißen es gut, wenn am Freitag der gesamten Kongregation, abgesehen von der Schwäche der Kranken, zur Verehrung des Leidens des Herrn eine einmalige Fastenspeise genügt vom Fest Allerheiligen bis Ostern, ausgenommen wenn Weihnachten, ein Fest der heiligen Maria oder der Apostel auf einen Freitag fällt. Zur übrigen Zeit jedoch, wenn nicht ein allgemeines Fasten gehalten wird, kann man zweimal essen.
Nach der Mahlzeit sollen sie Dank sagen. Wir ordnen unauflöslich an, dass nach der Hauptmahlzeit und nach dem Abendessen in der Kirche, wenn sie nahe ist, oder wenn das nicht der Fall ist, am selben Ort Christus, unserem höchsten Erhalter, mit demütigem Herzen, wie es sich gebührt, Dank zu sagen. Die Überbleibsel sollen aus brüderlicher Liebe an die Diener und die Armen verteilt, die nicht angebrochenen Brote aufbewahrt werden.
Der zehnte Teil des Brotes soll immer dem Almosenpfleger gegeben werden. Wenn auch der Lohn der Armut, welcher nämlich das Himmelreich ist, ohne Zweifel den Armen zuteil wird, so befehlen wir euch, die der christliche Glaube über jene unzweifelhaft belehrt, dennoch, den zehnten Teil des Brotes täglich eurem Almosenpfleger zu geben.
Die Collation liegt im Belieben des Meisters. Wenn die Sonne die östliche Region verlässt und zur winterlichen hinabsteigt, sollt ihr alle auf das Glockenzeichen, wie es in der betreffenden Gegend Brauch ist, zur Komplet schreiten. Doch wir wünschen, dass vorher eine allgemeine Collation eingenommen wird. Wir stellen diese Collation der Entscheidung und dem Gutdünken des Meisters anheim, so dass sie, wenn der will, als Wasser und, wenn er aus Barmherzigkeit gestattet, aus gemischtem Wein angemessen zu sich genommen wird. Tatsächlich darf dies aber nicht zu übermäßiger Sättigung führen, vielmehr sei sie recht sparsam, denn „der Wein bringt sogar die Weisen zum Abfall“ (Spr. 20,1).
Nach beendeter Komplet ist Schweigen zu halten. Nach Beendigung der Komplet ist danach zu Bett zu gehen. Für die aus der Komplet gehenden Brüder gibt es ausdrücklich keine Erlaubnis, mit jemandem in der Öffentlichkeit, außer bei zwingender Notwendigkeit, zu sprechen. Der, der seinem Knappen etwas zu sagen hat, soll es leise sagen. Vielleicht kommt es vor, dass in diesem Zeitabschnitt eine höchst zwingende Dringlichkeit in Kriegsgeschäften oder im Bestand eures Hauses, weil für dieses der Tag euch nicht ausreichend schien, von euch, die ihr aus der Komplet kommt, fordert, dass sich der Meister selbst oder der, dem nach dem Meister das Regiment des Hauses anvertraut ist, mit einem Teil der Brüder bespricht. Wir gebieten, dass es also geschieht, denn es steht geschrieben: „Bei vielem Reden entgehst du der Sünde nicht“ (Spr. 10.19). In jeder Besprechung verbieten wir ausdrücklich leichtfertige Späße, albernes und zum Lachen reizendes Geschwätz. Und euch, die ihr eure Schlafstellen aufsucht, geben wir auf, in Demut und reiner Ergebung ein „Vater unser“ zu sprechen, wenn einer etwas Törichtes gesagt hat.
Erschöpfte brauchen zur Matutin nicht aufzustehen. Einmütig heißen wir es gut, wenn erschöpfte Ritter allerdings, wie es uns offenbar ist, sich zur Matutin nicht erheben, sondern mit Zustimmung des Meisters oder dessen, dem das Amt vom Meister übertragen wurde, liegen bleiben. (An Stelle der Matutin) haben sie jedoch 13 festgesetzte Gebete so zu singen, dass deren Sinn mit der Stimme übereinstimmt nach dem Prophetenwort: „Singt dem Herrn in Weisheit“ (Ps 47,8), und jenem: „Im Angesicht der Engel will ich dir singen“ (Ps 138,1). Allerdings muss das immer in das Belieben des Meisters gestellt sein.
Die Gemeinsamkeit der Lebensweise soll unter den Brüdern gewahrt werden. In der heiligen Schrift heißt es: „Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte“ (Apg 4,35). Damit wollen wir nicht sagen, dass es ein Ansehen der Person geben darf, vielmehr wende sich die Aufmerksamkeit den Kranken zu. Überall jedoch soll der, der also weniger braucht, Gott danken und sich nicht betrüben. Wer aber mehr braucht, demütige sich wegen seiner Armseligkeit und überhebe sich nicht, weil man auf ihn Rücksicht nimmt. Auf diese Weise bleiben alle Glieder in Frieden. Wir verbieten jedoch, dass es einem gestattet sei, sich übermässiger Enthaltsamkeit hinzugeben, vielmehr soll er sich standhaft an das gemeinsame Leben halten.
Von Stoff und Art der Kleidung. Wir gebieten, dass die Gewänder immer von einer Farbe seien, weiß oder schwarz oder sozusagen dunkelbraun. Allen Professrittern gestatten wir aber, im Winter wie im Sommer wenn möglich weiße Gewänder zu tragen, damit sie zu erkennen geben, dass sie, die ihr dunkles Leben hinter sich gelassen haben, durch ihr lauteres und lichtes Leben sich mit ihrem Schöpfer versöhnt haben. Was ist die weiße Farbe anderes als die reine Keuschheit? Die Keuschheit ist die Sicherheit des Geistes, die Gesundheit des Körpers. Denn wenn irgendein Ritter nicht keusch bleiben sollte, wird er nicht zur ewigen Ruhe gelangen und Gott schauen können nach dem Zeugnis des Apostels Paulus: „Strebt nach Frieden mit allen und nach Keuschheit, ohne die keiner Gott schauen wird“ (Hebr 12,14).Weil die Kleidung aber vor der Hochschätzung jedweden Dünkels und Überflusses bewahren soll, bestimmen wir, dass solches von allen gehalten werde, dass der Einzelne sich leicht an- und auskleiden und die Schuhe an- und ausziehen kann. Der Verwalter dieses Amtes möge mit wachsamer Sorge zu vermeiden trachten, zu lange oder zu kurze, vielmehr soll er solche den Trägern, ihrer Grösse entsprechend, angemessene, seinen Brüdern austeilen. Der, der neue erhält, soll die alten immer gleich zurückgeben, die in der Kammer oder wo immer nach Entscheid des Bruders, der das Amt inne hat, für die Knappen und Diener und manchmal für die Armen zurückzulegen sind.
Diener sollen weiße Kleidung, dass heißt Mäntel nicht haben. Allerdings widersprechen wir entschieden dem, was im Haus Gottes (=Ordenshaus) und seiner Tempelritter ohne Entscheidung und Beschluss eines gemeinsamen Kapitels ist, und gebieten es wie einen eigentümlichen Missstand gänzlich abzuschaffen, denn es hatten Diener und Knappen weiße Gewänder, wovon verdammenswerte Unerträglichkeiten herrührten. Es traten nämlich in den Ländern jenseits der Berge falsche Brüder, Verheiratete und andere auf und sagten, sie seien vom Tempel, obwohl sie von der Welt waren. Diese verschafften freilich dem Tempelorden so viel Schmach und Schande, wie auch einige dienende Brüder in übermütigem Stolz sehr viel Ärgernis entstanden ließen. Sie sollen deshalb ständig schwarze haben, wenn sie solche aber nicht auftreiben können, sollen sie solche tragen, wie sie sie in jener Provinz, wo sie leben, auftreiben können oder was billiger von einer Farbe beschafft werden kann, nämlich braune.
Nur Ordensritter sollen weiße Kleidung haben. Niemandem ist es gestattet, weiße Umhänge zu tragen oder weiße Mäntel zu tragen, als den obengenannten Rittern Christi
Die alten Kleidungsstücke sollen an die Knappen verteilt werden. Der Verwalter, dass heißt der Ausgeber der Kleidung (also der Drapier) soll mit aller Sorgfalt darauf achten, die alten Kleidungsstücke immer an die Knappen und Dienstleute und dann und wann an die Armen ehrlich und gerecht auszugeben.
Nur Schaffelle sollen verwendet werden. Durch gemeinsamen Beschluss bestimmen wir, dass kein Ordensbruder im Winter andere Felle oder Pelzwerk oder etwas Ähnliches, was zum Wohl des Körpers gehört, auch nicht eine Zudecke haben solle, außer aus dem Fell von Lämmern oder Schafen.
Wer nach Besserem verlangt, soll das Minderwertigere haben. Wenn ein Ordensbruder durch Schuld oder Antrieb der Überheblichkeit Schöneres und Besseres zu haben begehrt, soll er wegen solcher Anmaßung ohne Zweifel das Billigste verdienen.
Auf Menge und Qualität der Kleidungsstücke soll geachtet werden. Es ist erforderlich, auf die Anzahl der Kleidungsstücke hinsichtlich der Körpergröße und -dicke zu achten; der Drapier sei in diesen Dingen sorgfältig.
Der Drapier soll auf die Gleichheit der Gewänder achten. Der Drapier soll mit brüderlicher Einsicht, wie oben gesagt, auf die Länge der Gewänder mit gleichem Maß achten, damit kein Auge von Flüsterern und Verleumdern etwas zu bemerken sich herausnehmen kann, und in allem Vorgesagtem vor Gott demütig Rechenschaft ablegen kann.
Vom Überfluss der Haare. Alle Ordensbrüder sollen grundsätzlich die Haare so geschnitten haben, dass sie von vorn und von hinten regelrecht und ordentlich anzuschauen sind. Auch beim Voll- und Backenbart soll diese Regel unabänderlich beobachtet werden, damit kein Wildwuchs oder Mangel an Anmut dort bemerkt werde. Denen, die dem höchsten Schöpfer dienen, ist die innere wie äusserliche Reinheit sehr nötig nach dem Zeugnis dessen selbst, der sagt: „Seid rein“ (Jes 1,16), weil „ich rein bin“ (Hiob 33,9).
Von Schnabelschuhen und Schuhschleifen. Von Schnabelschuhen und Schuhschleifen steht fest, dass sie heidnisch sind und dass dies von allen als unmenschlich erkannt wird; wir verbieten und untersagen, dass jemand solche besitze, im Gegenteil soll er sie ganz und gar abschaffen. Wir erlauben den auf Zeit Dienenden nicht, Schnabelschuhe und Schuhschleifen und ungeschnittene Haare und übermäßig lange Kleidung zu haben; dem widersprechen wir gänzlich.
Von der Zahl der Pferde und Knappen. Einem jeden von euch Rittern ist es gestattet, drei Pferde zu haben, weil die außerordentliche Armut des Hauses Gottes und des salomonischen Tempels darüber hinaus in der gegenwärtigen Zeit nicht zu vermehren erlaubt, ausgenommen mit der Erlaubnis des Meisters. Aus demselben Grund gestatten wir den einzelnen Rittern nur einen einzigen Waffenträger (= Novizen).
Keiner darf den umsonst dienenden Knappen schlagen. Wenn aber ein Knappe einem Ritter aus Liebe und um Gotteslohn dient, ist es diesem nicht erlaubt, ihn zu schlagen oder auch wegen irgendwelcher Schuld zu prügeln.
Wie die Gastritter (auf Zeit dienende Ritter) aufgenommen werden sollen. Wir ordnen getreulich an, dass alle Ritter, die in Herzensreinheit Jesus Christus in dem nämlichen Haus auf Zeit dienen wollen, Pferde, die für eine solche Unternehmung gewöhnlich geeignet sind, Waffen und was sonst nötig ist, kaufen sollen. Sodann entscheiden wir, die Pferde von beiden Parteien gleichermaßen nach Wert und Nutzen abzuschätzen. Der Preis soll, damit er nicht der Vergessenheit anheimfällt, schriftlich festgehalten werden und was immer dem Ritter und seinen Pferden oder dem Knappen zum Lebensunterhalt nötig ist, selbst die Hufeisen der Pferde, soll nach dem Vermögen des Ordens von demselben aus brüderlicher Liebe geschenkt sein. Wenn unterdessen ein Ritter in diesem Dienst durch irgendein Ereignis verliert, soll ihm der Meister, wenn es das Vermögen des Ordens erlaubt, andere besorgen. Bei Ablauf der Frist des Heimkehrwilligen soll der Ritter aus göttlicher Liebe den halben Preis abtreten, die andere Hälfte soll er aus der Kasse der Brüder, wenn es ihm recht ist, erhalten.
Keiner soll nach eigenem Willen ausgehen. Es zieht sich allerdings für die Ritter, die nichts anderes besser als Christus erachten, wegen des heiligen Dienstes , den sie gelobt haben, oder wegen der höchsten Seligkeit oder aus Furcht vor der Hölle, dem Meister unablässig Gehorsam bewahren. Sie sind daher gehalten, dass, sobald vom Meister oder demjenigen, dem der Meister den Auftrag erteilt hat, irgendwo irgendetwas befohlen wird, sie, wie wenn es durch göttliche Weisung angeordnet wäre, in der Ausführung keine Verzögerung kennen. Von solchen sagt nämlich die Wahrheit: „Sobald er mich gehört hatte, gehorchte er mir“ (Ps 18,45).Deshalb bitten wir solche Ritter, die auf den eigenen Willen verzichten, und die anderen auf Zeit Dienenden und befehlen ihnen eindringlich, dass sie ohne Erlaubnis des Meisters oder dessen, dem das Amt übertragen ist, sich nicht herausnehmen sollen, in die Stadt zu gehen außer des Nachts zum heiligen Grab und zu den Gebetsstätten, die sich innerhalb der heiligen Stadt befinden. Die, die so ausgehen, sollen nicht ohne Wächter, dass heißt ohne einen Ritter oder Ordensbruder weder am Tag noch in der Nacht es unternehmen, den Weg zu beginnen. Auf dem Heerzug freilich, nachdem Quartier bezogen wurde, soll kein Ritter oder Knappe oder Diener die Zelte anderer Ritter aus Neugier oder um mit irgendeinem zu reden ohne Befehl, wie oben gesagt, betreten. Durch gemeinsamen Beschluss bekräftigen wir also, dass in diesem von Gott eingesetzten Orden keiner nach seinem eigenen Willen kämpfe oder ruhe, vielmehr sich ganz dem Befehl des Meisters unterwerfe, um imstande zu sein, jenem Wort des Herrn nachzueifern, das sagt: „Ich bin nicht gekommen, meinen Willen zu tun, sondern dessen, der mich gesandt hat“ (Joh. 6,38).
Keiner soll für sich das ihm Nötige verlangen. Wir ordnen an, diesen Gebrauch eigens dem übrigen beizufügen und gebieten, ihn mit aller Aufmerksamkeit entgegen dem Vorstoß des Sich-zu-verschaffen-suchens einzuhalten. Kein Ordensbruder also darf bestimmt und namentlich (für sich) ein Pferd oder Zaumzeug oder Waffen verlangen. Unter dem Umstand also, dass seine Schwäche oder die Entkräftung seiner Pferde oder das Gewicht seiner Rüstung augenscheinlich eine so Große ist, dass sie zu einem gemeinsamen Schaden würde, soll er zum Meister oder dem, der nach dem Meister das Amt verwaltet, kommen und ihm die Sache wahrheitsgetreu und in reiner Standhaftigkeit vortragen. Daraufhin soll nämlich in die Verfügung des Meisters oder nach ihm des Verwalters gestellt werden.
Von Zäumen und Sporen. Wir verbieten durchaus, dass jemals Gold oder Silber, die den Reichtum bezeichnen, am Zaumzeug oder am Brustgeschirr oder an den Sporen oder Satteldecken sichtbar werden, auch ist es keinem Ordensbruder erlaubt, das zu kaufen. Wenn solche alten Ausrüstungsstücke allerdings als Geschenk gegeben werden, soll Gold und Silber so gefärbt werden, dass die leuchtende Farbe oder Zierde nicht den Anderen als Hochmut erscheint. Wenn neue geschenkt werden möge der Meister zusehen, was er damit mache.
Überzüge bei Lanzen und Schilden soll es nicht geben. Überzüge über Schilden und Spießen und Zierrat an Lanzen sollen nicht verwendet werden, weil das uns allen als nicht vorteilhaft, im Gegenteil als schädlich erscheint.
Von den Futtersäcken der Pferde. Kein Bruder solle sich anmaßen, leinene und wollene Futtersäcke zu verfertigen; es soll deshalb grundsätzlich keine anderen haben als solche aus Netzgarn.
Von der Vollmacht des Meisters. Dem Meister ist es erlaubt, einem Beliebigen die Pferde oder Waffen oder eine beliebige Sache eines Beliebigen zu geben. Doch darf der, dessen Sachen vergeben wurden, sich nicht verdrießen, weil er für sicher hielt; wenn er daher zornig werden sollte, vergeht er sich gegen Gott. Dieses von uns erlassene Gebot ist für alle von Nutzen, so dass es in Zukunft unabänderlich gehalten werde.
Keiner soll tauschen oder erbitten. Es erübrigt sich jetzt, dass keiner ohne Erlaubnis des Meisters wage, Bruder mit Bruder das Seinige auszutauschen und um etwas zu bitten, ausgenommen der Bruder vom Bruder, wenn es sich um eine kleine Sache von geringem Wert handelt.
Vom Erbitten und Empfangen. Wenn jedoch in der Tat irgendeinem Bruder eine Sache, ohne dass darum gebeten wurde, geschenkt wurde, soll er sie dem Meister oder Provinzverwalter zeigen. Andernfalls freilich, wenn sein Freund oder ein Elternteil es nur ihm zu seinem Nutzen schenken wollen, soll er es durchaus nicht annehmen, bis er von seinem Meister die Erlaubnis hat. An diese vorstehende Regel sind jedoch die Amtsverwalter nicht gebunden, denen dieser Dienst besonders obliegt und überlassen wird.
Vom Koffer und Reitsack. Reitsack und Koffer mit einem Verschluss sind nicht gestattet; so möge dargelegt werden, dass sie ohne Erlaubnis des Meisters oder demjenigen, dem nach diesem das Amt in Ordensangelegenheiten anvertraut ist, nicht besessen werden dürfen. An diesem Kapitel sind die Verwalter und die, die durch verschiedene Provinzen reisen, nicht gebunden, selbstverständlich auch nicht der Meister.
Das Senden von Briefen. Auf keinen Fall ist es einem Bruder ohne Erlaubnis des Meisters oder Stellvertreters erlaubt, von seinen Eltern oder von irgendeinem Menschen oder von anderen Mitgliedern des Ordens Briefe zu empfangen oder zu senden. Nachdem der Bruder die Erlaubnis erhalten hat, soll der Brief in Anwesenheit des Meisters, wenn es sein Wunsch ist, vorgelesen werden. Wenn ihm allerdings von seinen Eltern etwas geschickt wird, soll er sich nicht herausnehmen, es anzunehmen, ohne den Meister vorher zu benachrichtigen. Dieses Kapitel betrifft nicht den Meister und Amtsinhaber im Orden.
Vom Erzählen eigener Fehler. Obwohl allgemein bekannt ist, dass jedes müßige Wort Sünde ist, was werden die, die sich mit der eigenen Schuld brüsten, dem strengen Richter sagen? Der Prophet belehrt uns, indem er sagt: „So bleib ich stumm und still, schwieg vom Guten“ (Ps 39,3). Wenn man der Schweigsamkeit zuliebe bisweilen sogar von guter Rede lassen soll, um so mehr muss man dann wegen der Sündenstrafe das böse Reden vermeiden. Wir verbieten also und untersagen ausdrücklich, dass irgendein Ordensbruder es wage, die Schandtaten oder besser gesagt die Torheiten, die er im weltlichen Ritterdienst entgegen (ritterlicher) Norm begangen hat, sowie die Fleischeslüste mit schlechten Frauen seinem Bruder oder irgendeinem anderen zu erzählen. Und wenn er einem anderen ihm solches erzählen hört, soll er ihn veranlassen zu schweigen, oder, wenn er das leichter vermag, mit dem raschen Schritt des Gehorsams von dort weggehen und das Ohr des Herzens nicht einem Ölverkäufer leihen.
Keiner soll einen Vogel mit einem Vogel fangen. Wir entscheiden allgemein, dass keiner einen Vogel mit einem anderen Vogel zu fangen sich unterstehe. Es ziemt sich nämlich für einen Ordensmann nicht, weltlichen Ergötzungen nachzugehen, vielmehr soll der die Gebote des Herrn gern hören, sich oft zum Gebet niederwerfen, seine früheren Sünden unter Tränen und Seufzen täglich im Gebet Gott bekennen. Mit einem Menschen, der so mit seinem Habicht oder einem anderen Vogel verfährt, soll kein Ordensbruder aus Grundsatz Umgang haben.
Jede Gelegenheit zur Jagd sollen sie meiden. Da es sich jedem Ordensmann ziemt, bescheiden und gesetzt ohne Lachen einherzugehen, wenige und überlegte Worte zu sagen und kein Geschrei zu machen, legen wir besonders auf und gebieten jedem Ordensbruder, dass er nicht im Wald mit dem Bogen oder der Armbrust zu schießen wage, auch nicht mit jenem, der solches tut, mitgehe, es sei denn aus dem Grund, ihn gegen die ungläubigen Heiden zu schützen. Denn es ist klar, dass ihr besonders beauftragt seid und es eure Pflicht ist, für eure Brüder das Leben einzusetzen und auch die Ungläubigen, die allezeit dem Sohn der Jungfrau feind sind, von der Erde zu vertilgen. Auch dürft ihr euch nicht erlauben, dem Bruder nachzugeben, zu schreien oder zu schwatzen noch euer Pferd aus Gier nach Beute anzustacheln.
Hinsichtlich der Löwen wird keine Bestimmung erlasen. Ein Gebot hinsichtlich des Löwen geben wir nicht, weil „dieser umhergeht und sucht, wen er verschlinge“ (1.Petr. 5,8), und „seine Hand gegen alle, die Hände aller gegen ihn“ (Gen. 16,12).
Bei jeder Forderung an euch sollt ihr euch dem Urteil fügen. Wir wissen, dass die Verfolger der heiligen Kirche unzählige sind und sich beeilen, diejenigen, die den Streit nicht lieben, unablässig und grausam zu beunruhigen. Nach Ansicht des Konzils sei in klarer Betrachtung folgendes erwogen: Wenn einer in den Gebietsteilen des Morgenlandes oder an einem anderen beliebigen Ort an euch irgendeine Forderung hat, so bestimmen wir, dass das Urteil durch zuverlässige und wahrheitsliebende Richter anzunehmen ist. Gleichermaßen ordnen wir an, das, was für gerecht erkannt wurde, unabänderlich zu erfüllen.
Ebenso soll über alle euch weggenommen Sachen verfahren werden. Wir befehlen, dass diese Regel bei allen euch unverschuldet entwendeten Gütern ständig gelten soll.
Ob sie Landgüter besitzen dürfen. Durch göttliche Vorsehung, wie wir glauben, hat die neue Art der Frömmigkeit von euch im heiligen Land den Anfang genommen, da ihr offenbar der Frömmigkeit das Rittertum beifügt, und so die durch das Rittertum bewaffnete Frömmigkeit voranschreite und den Feind, ohne Schuld auf sich zu laden, schlage. Zu Recht also entscheiden wir, da ihr Ritter des Tempels genannt werdet, dass ihr selbst wegen des hervorragenden Verdienstes und der besonderen Gabe der Tapferkeit Land und Leute haben, Bauern besitzen und sie gerecht regieren könnt; und die festgesetzte Abgabe soll euch besonders geleistet werden.
Von kranken Rittern und anderen Brüdern. Den Kranken soll vor allem eine wachsame Sorge zugewendet werden, als ob in Ihnen Christus gedient werde, wie das Evangelium sagt: „Ich war krank und ihr habt mich besucht“ (Mt 25,36). Das soll in treuem Gedächtnis gehalten werden. Die Kranken nämlich sind sorgfältig und geduldig zu ertragen, weil man an ihnen unzweifelhaft den himmlischen Lohn erwirbt.
Von den Krankenpflegern. Den Krankenpflegern aber gebieten wir mit aller Hochachtung und wachsamer Sorge, dass sie getreu und fleißig den Kranken alles, was immer zum Ertragen der verschiedenen Krankheiten erforderlich ist, nach dem Vermögen des Ordens besorgen, zum Beispiel Fleisch und Geflügel und so weiter, bis ihnen die Gesundheit wiedergeschenkt ist.
Keiner soll einen anderen zum Zorn reizen. Offenbar muss man sich nicht wenig hüten, sich herauszunehmen, einen anderen zum Zorn zu bewegen, da die größte Friedfertigkeit sowohl Arme wie Mächtige durch nahe Verwandtschaft und das Band übernatürlicher Brüderlichkeit gleichermassen verbindet.
Von Verheiraten. Wir erlauben euch, verheiratete Brüder unter euch zu haben auf die Weise, dass, wenn die um die Wohltat und die Teilhabe an euerer Bruderschaft einmütig bitten, jeder für sich den Teil seines Vermögens und was immer sie ferner hinzuerwerben, der gemeinsamen Ordenskasse nach dem Tod vermachen und inzwischen ein ehrbares Leben führen und danach streben, den Brüdern gutes zu tun; jedoch dürfen sie nicht mit dem weißen Gewand und dem weißen Umhang einhergehen. Sollte ein Verheirateter sterben, hinterlasse er seinen Teil den Brüdern und die Gattin habe aus dem anderen den Lebensunterhalt. Wir erachten es nämlich als ungerecht, dass solche Brüder mit Brüdern, die Gott Keuschheit versprochen haben, derartig in ein und demselben Haus leben sollten.
Es ist hinfort nicht gestattet, Schwestern zu haben. Es ist gewiss gefährlich, weiterhin sich Schwestern anzuschließen, da der alte Feind sehr viele durch den Verkehr mit Frauen vom rechten Pfad zum Paradies abgebracht hat. Deshalb, teuerste Brüder, sei es in Zukunft nicht gestattet, diese Gewohnheit beizubehalten, damit die Blüte der Reinheit immer unter euch aufscheine.
Warum es nicht gut ist, mit Exkommunizierten Umgang zu haben. Davor, liebe Brüder, sollt ihr euch sehr fürchten und euch hüten, dass keiner von den Rittern Christi mit einem exkommunizierten Menschen sonderlich und öffentlich auf irgendeine Weise in Verbindung trete oder sich anmaße, Dinge von ihm in Empfang zu nehmen, damit er nicht gleichfalls der Ausstoßung verfalle. Wenn es freilich nur ein mit dem Interdikt Belegter sein sollte, wird es ohne Verschulden gestattet sein, mit ihm Umgang zu haben und aus Liebe von ihm etwas anzunehmen.
Auf welche Weise Ritter aufgenommen werden sollen. Wenn ein Ritter aus der Menge des Verderbens oder ein anderer Weltlicher, willens der Welt zu entsagen, euer gemeinsames Leben sich erwählen sollte, solle ihm nicht sogleich zugestimmt werden. Vielmehr sei ihm nach dem Wort des Apostels: „Prüft die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1.Joh 4,1) eine Probezeit zugestanden. In seiner Gegenwart soll die Regel vorgelesen werden, und wenn der Betreffende den Geboten der erklärten Regel eifrig folgen will, dann soll er, wenn es dem Meister und den Brüdern gefällt, ihn aufzunehmen, seinen Wunsch und sein Verlangen allen versammelten Brüdern mit reinem Herzen offenbaren. Darauf freilich soll die Dauer der Probezeit gänzlich vom Gutdünken und der Umsicht des Meisters gemäß der Ehrbarkeit des Lebenswandels des Bewerbers abhängen.
Wann alle Brüder zum Rat einzuberufen sind. Wir gebieten, nicht immer alle Brüder zum Kapitel zu versammeln, vielmehr die, die der Meister für geeignet und im Rat umsichtig erkannt hat. Wenn er allerdings über Wichtigeres zu verhandeln wünscht, wie gemeinsames Land zu vergeben oder Ordensdinge selbst zu erörtern oder einen Bruder aufzunehmen, dann hat der Meister, wenn es ihm gefällt, die ganze Kongregation zusammenzurufen; nach dem gehörten Rat des gemeinsamen Kapitels soll das, was der Meister für besser und nützlicher ansieht, ausgeführt werden.
Wie die Brüder beten sollen. Wir gebieten in gemeinsamen Beschluss, dass die Brüder stehend oder sitzend, je nachdem die Gemüts- oder Körperverfassung es fordert, beten, immer jedoch mit höchster Ehrfurcht, einfältig und nicht schreiend, damit der eine den anderen nicht störe.
Vom Gelöbnis der Dienenden. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass offenbar ziemlich viele aus verschiedenen Ländern, sowohl Gefolgsleute als auch Knappen, für ihr Seelenheil mit brennendem Herzen sich auf Zeit eurem Orden zu eigen geben. Es ist daher nützlich, von ihnen ein Gelöbnis zu verlangen, damit nicht etwa der alte Feind ihnen im Dienst für Gott etwas verstohlen oder unschicklich einflüstere, um sie von ihrem guten Vorhaben plötzlich abzubringen.
Wie Knaben aufgenommen werden. Obwohl die Regel der heiligen Väter erlauben würde, Knaben in der Ordensgemeinschaft zu haben, billigen wir nicht, euch hinfort mit solchen zu belasten. Wer also seinen Sohn oder Verwandten auf immer dem Ritterorden darbringen will, soll ihn bis zu den Jahren, in denen er mit bewaffnetem Arm die Feinde Christi vom heiligen Land vertreiben kann, Großziehen. Darauf soll der Vater oder die Eltern ihn nach der Regel des hl. Benedikts in die Mitte der Brüder stellen und sein Begehren allen offenbaren. Denn es ist besser, in der Kindheit noch kein Gelübde abzulegen, als es später, zum Mann geworden, gegen die Regel zurückzuziehen.
Wie die Greise geehrt werden sollen. Die Greise müssen in liebevoller Rücksichtnahme auf die Hinfälligkeit der Kräfte ertragen und aufmerksam geehrt werden; keinesfalls sollen sie in ihren Ansprüchen in dem, was dem Körper nötig ist, vernachlässigt werden bei gleichwohl unverletzter Autorität der Regel.
Vom Unterhalt und der Kleidung der Brüder. Wir meinen auch, dass es als entsprechen und vernünftig zu halten ist, allen Ordensbrüdern nach der Möglichkeit des Ortes gleichermaßen den Unterhalt zu gewähren. Denn das Ansehen der Person bringt keinen Nutzen, aber die Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Kranken.
Von den durch verschiedene Länder geschickten Brüdern. Die Brüder, die durch verschiedene Länder geschickt werden, sollen in Speise und Trank und allem übrigen die Regel, soviel in ihren Kräften steht, einzuhalten trachten und untadelig leben, damit sie „bei Außenstehenden einen guten Ruf haben“ (1.Tim 3,7), das religiöse Gelübde weder durch Wort noch durch Tat beflecken, sondern vorzüglich allen, mit denen sie verkehren, im Vorbild das Gewürz einer gesunden Weisheit und guter Werke geben. Bei wem sie Herberge aufzuschlagen beschließen, der soll mit bestem Ruf geziert sein , und wenn es möglich ist, soll das Haus ihrer Herberge in der Nacht nicht des Lichtes entbehren, damit der finstere Feind keine Gelegenheit zu Bösen ihnen verschaffe, was Gott verhüte. Wo sie aber hören, dass sich nicht exkommunizierte Ritter versammeln, dorthin heißen wir sie, nicht so sehr den zeitlichen Nutzen, sondern deren ewiges Seelenheil im Auge habend, sich aufmachen. Wir loben es, dass diejenigen Brüder, die mit der Erwartung auf Nachschub in die Länder jenseits des Meeres geschickt werden, diejenigen, die sich auf Dauer dem Ritterorden verbinden wollen, aufnehmen nach diesem Brauch, dass in Gegenwart des Bischofs jener Provinz beide zusammenkommen und der Bischof den Willen des Bewerbers vernimmt. Nach angehörter Bitte schicke ihn der Bruder zum Meister und zu den Brüdern, die beim Tempel, der in Jerusalem ist, weilen, und wenn das Leben des Betreffenden ehrenhaft und würdig einer solchen Berufung ist, soll er gnädig aufgenommen werden, wenn es dem Meister und den Brüdern gut erscheint. Sollte er unterdessen aber wegen der Entbehrung und vor Erschöpfung sterben, soll ihm wie einem von den Brüdern die ganze Wohltat und Brüderlichkeit der Armen Ritter gewährt werden.
Vom zu erhaltenden Zehnten. Wir halten nämlich dafür, dass ihr dem Zustrom von Reichtümern entsagt und euch freiwillig der Armut unterworfen habt. Daher legen wir dar, dass ihr, die ihr ein gemeinsames Leben führt, gerade zu Recht den Zehnten haben dürft. Wenn der Bischof einer Kirche, dem rechtens der Zehnte zusteht, diesen euch gnadenhalber schenken will, so soll er ihn euch mit der Zustimmung seines allgemeinen Kapitels von jenen Zehnten, welche offensichtlich der Kirche zustehen, übergeben. Wenn aber irgendein Laie bis jetzt jenen, der Kirche zustehenden Zehnten aus seinem Erbteil auf zu missbilligende Weise einbehalten hat und, sich damit selber Lügen strafend, ihn euch überlassen will, kann er dies mit Einwilligung des Bischofs allein ohne Zustimmung des Kapitels tun.
Von leichten und schweren Vergehen. Wenn irgendein Bruder im Reden oder im Ritterdienst oder auf andere Weise sich ein leichteres Vergehen zuschulden kommen lässt, soll er von selbst seinen Fehler, um ihn gutzumachen, dem Meister bekennen; wenn es eines von den leichteren Vergehen ist, die ihm nicht zur Gewohnheit geworden sind, soll er eine leichte Busse erhalten. Wenn aber seine Schuld, von ihm verschwiegen, durch irgendeinen anderen bekannt wird, soll er einer größeren und einleuchtenderen Zuchtmaßnahme und Strafe verfallen. Wenn allerdings sein Vergehen schwer ist, soll er von der Gemeinschaft der Brüder ferngehalten werden, indem er nicht mehr mit ihnen zugleich am selben Tisch esse, sondern seine Mahlzeiten allein einnehme, und sich völlig der Gnade und dem Urteil des Meisters unterwerfe, um am Tag des Gerichts heil zu bestehen.
Durch welche Schuld ein Bruder nicht länger im Orden behalten werden kann. Vor allen Dingen ist darauf zu sehen, dass kein Bruder, sei er mächtig oder nicht mächtig, stark oder schwach, der sich überhebe und allmählich übermütig werden und seine Schuld verteidigen wolle, ungestraft bleibe; wenn er sich aber nicht bessern will, soll ihn eine schärfere Strafe treffen. Wenn er allerdings trotz der gütigen Ermahnungen und der für ihn ausgebreiteten Gebete nicht gewillt ist sich zu bessern, vielmehr sich in seinem Stolz mehr und mehr steigert, dann soll er aus der frommen Herde ausgestoßen werden, nach dem Wort des Apostels: „Schafft den Übeltäter aus eurer Mitte“ (1. Kor 5,13). Es ist notwendig, dass das räudige Schaf aus der Gemeinschaft der treuen Brüder entfernt wird. Im übrigen möge der Meister, der den Stab und die Rute in seiner Hand zu halten hat, den Stab nämlich, um damit die schwachen Kräfte der anderen zu stützen, die Rute fürwahr, um damit im Eifer für das Rechte die Laster der Schuldigen zu züchtigen, er möge danach trachten, dies mit dem Rat des Patriarchen und mit geistlicher Erwägung zu tun, damit, wie der hl. Maximus sagt, weder die nachlässige Milde ein Festhalten am sich-Vergehen ermögliche, noch übermäßige Strenge den Sünder nicht vom erneuten Fall abbringe.
Zu welcher Zeit die Brüder leinene Hemden benutzen können. Unter anderem erwägen wir gerade wegen der Großen Hitze im Gebiet des Orients aus Mitleid, dass vom Osterfest bis zum Fest Allerheiligen einem jeden ein leinenes Hemd, nicht aus Verpflichtung, sondern alleine aus Gnade, gegeben werde – nämlich nur dem, der es gebrauchen will -, während zur anderen Zeit alle grundsätzlich wollene Hemden haben sollen.
In welchem Bettzeug sie schlafen sollen. In gemeinsamen Beschluss bekräftigen wir, dass jeder allerdings in seinem eigenen Bett schlafe und nicht anders, Außer es trifft ein sehr wichtiger Grund oder Notwendigkeit zu. Eine Bettstatt oder Matratze soll nach der besonnenen Verwaltung des Meisters jeder besitzen. Wir sind der Ansicht, dass nach dem Strohsack ein Keilkissen und eine Zudecke jedem genüge. Wer aber auf eines von diesen verzichtet, soll ein Betttuch haben und jederzeit wird es gut sein, sich einer Leinen- oder Tuchdecke zu bedienen. Die Brüder sollen immer mit Hemd und Hose bekleidet schlafen. Den schlafenden Brüdern soll gleichfalls bis zum Morgen niemals eine Leuchte fehlen.
Vom zu meidendem Murren. Wir gebieten auch durch heilige Ermahnung, Eifersüchteleien, Missgunst, Neid, Murren, Ohrenbläserei und Herabsetzung zu meiden und gleichwie eine Pest zu fliehen. Ein Jeder soll folglich mit wachsamen Herzen danach trachten, dass er seinem Bruder nicht heimlich beschuldige oder tadele, vielmehr jenes Wort des Apostels sorgfältig bei sich beherzige: „Sei kein Verleumder und Einflüsterer im Volk“ (Lev. 19,16). Wenn freilich ein Bruder zuverlässig in Erfahrung gebracht hat, dass ein anderer Bruder gefehlt hat, soll er friedfertig und mit brüderlicher Güte entsprechend dem Gebote des Herrn unter vier Augen jenen allein zurechtweisen. Wenn dieser ihn nicht anhört, soll er einen weiteren Bruder herbeiziehen. Wenn der zu tadelnde Bruder aber beide zurückweist, soll er im Konvent öffentlich vor allen ermahnt werden. Von Großer Blindheit sind nämlich die, die andere Menschen herabsetzen, und überaus unglücklich die, dich sich selbst sehr wenig vor Neid hüten, womit sie in die alte Schlechtigkeit des verschlagenen Feindes versinken.
Sie sollen einer Frau nicht ins Angesicht schauen. Wir halten dafür, dass es einem jeden Ordensmann gefährlich ist, das Angesicht einer Frau zu sehr zu betrachten, und daher nehme sich keiner von den Brüdern heraus, eine Witwe, eine Jungfrau, seine Mutter, seine Schwester, seine Tante oder irgendeine andere Frau zu küssen. Die Ritterschaft Christi soll also Frauenküsse fliehen, durch welche die Männer öfters in Gefahr zu kommen pflegen, damit sie mit reinem Gewissen und in sicherem Leben allezeit im Angesicht Gottes zu verbleiben imstande sind.
Keiner soll fürderhin Pate sein. Wir befehlen grundsätzlich sowohl allen Ordensrittern als auch Hörigen, dass in Zukunft keiner sich herausnehme, Kinder aus der Taufe zu heben; es bedeutet für ihn keine Schande, es zurückzuweisen, bei diesem Sakrament Gevatter und Gevatterin zu sein, da eine solche Schmach mehr zur Ehre beiträgt, als zur Sünde und, wenn sie auch unzweifelhaft keinen weiblichen Kuss gewinnt, im Gegenteil die Schande austreibt.
Von den Vorschriften. Alle obigen Vorschriften und alles, was in dieser Regel geschrieben steht, wird dem Belieben und dem Willen des Meisters anheimgestellt.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.